Das Team von „Schule bleibt offen“ fordert eine umfassende Aufarbeitung der Coronamaßnahmen.
Wir gehen mit Politikern ins Gespräch, um Möglichkeiten für offene, transparente Debattenräume zu schaffen.
Neu 31.03.2024

Die Protokolle des COVID-19-Krisenstabs des Robert-Koch-Instituts wurden vom Online-Magazin Multipolar freigeklagt. Sie geben Einblicke in das Innere der Entscheidungsfindung über Coronamaßnahmen im Zeitraum von Februar 2020 bis April 2021.

Die Protokolle, die auf vielen Seiten immer noch gänzlich geschwärzt sind, offenbaren hierbei einen zentralen Punkt: Es gab keine wissenschaftliche Grundlage für den ersten Lockdown. Tatsächlich war die Entscheidung zum Lockdown rein politisch; grünes Licht gab ein bisher geschwärzter Akteur – ein Urteil für die Freigabe der ungeschwärzten Dokumente könnte im Mai erfolgen. Fakt scheint zu sein: Eine wissenschaftliche Ausarbeitung, die vor allem eine Kosten-Nutzen-Analyse oder Risikofolgenabschätzung dieser wohl massivsten aller nicht-medizinischen Eingriffe in die Freiheitsrechte der Bürger beinhaltet, gab es nicht. Das bestätigte auch das gegnerische Anwaltsteam des RKI, die Kanzlei Raue.

Das Team von „Schule bleibt offen“ fordert eine umfassende Aufarbeitung der Coronamaßnahmen, vor allem gegenüber den Schülerinnen und Schüler, die über Gebühr unter ihnen litten und heute noch leiden.

Wir brauchen

  • eine Untersuchung der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen und der politischen und juristischen Eingriffe ins Grundrecht. Chronologisch, faktenbasiert, auf wissenschaftlichen Grundlagen und mit ungeschwärzten Daten. Nach allen Krisen müssen wir aus Fehlern lernen und das Zusammenspiel fehlerhafter Entscheidungen benennen. Nur so können zukünftige Ereignisse dieser Art ausgeschlossen werden. Grundrechte dürfen auch in Krisenzeiten nicht verletzt werden.
  • einen transparenten, öffentlichen Debattenraum über die Coronamaßnahmen und ihre Wirkung auf die Gesellschaft, insbesondere auf die Rechte der Kinder und Jugendlichen. Argumente von allen Seiten müssen gehört dargelegt werden: Fachbereichsübergreifend sollen Politiker, Soziologen, Pädagogen, Juristen, Kommunikationswissenschaftler, Gesundheitsexperten, Statistiker, etc. sprechen und gehört werden. Gegebenenfalls müssen juristische und politische Konsequenzen gezogen werden.
  • eine Aufarbeitung traumatisierender Vorfälle und Anweisungen seitens des Staates und einzelner Menschen. Wir wollen, dass Konsequenzen für Opfer und Kritiker von Maßnahmen folgen, die ungerechtfertigter Weise in Mitleidenschaft gezogen wurden. Tabuthemen wie die politische „Angstkommunikation“ durch permanente mediale Flutung mit Worst-Case-Szenarien müssen angesprochen werden.
  • einen internationalen Vergleich der Daten und Maßnahmen, um für zukünftige, ähnliche Situationen vorbereitet zu sein. Warum wurden beispielsweise Lockdowns von Schulen unterstützt und die Industrie jedoch verschont?
  • eine Untersuchung der Verquickung von Medien und Politik. Wie können die Zugriffsmöglichkeiten der Politik auf die journalistische Kommunikation kontrolliert werden?

Politiker vieler Parteien äußerten sich zu einer Aufarbeitung und Klärung der Entscheidungen von damals. Hier finden Sie Ausschnitte und Zitate (Parteien in ALPHABETISCHER Reihenfolge, Stand 08.-27.3.2024).

AFD

  • Der Gesundheitspolitiker Martin Sichert rief zu Unterstützung dafür auf, einen Untersuchungsausschuss einzurichten. „Die Öffentlichkeit hat ein Recht darauf zu erfahren, was damals wirklich passierte.”

BSW

  • Das Bündnis Sahra Wagenknecht forderten eine parlamentarische Aufklärung. „Eine Enquete-Kommission reicht nicht aus”, sagte Wagenknecht der dpa. „Notwendig ist ein Untersuchungsausschuss, um die Zeit mit den größten Grundrechtseinschränkungen in der Geschichte der Bundesrepublik zu beleuchten.”

CDU/CSU

  • „Wir müssen alles offenlegen“, sagte der frühere NRW-Ministerpräsident Armin Laschet im ZDF.
  • Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Tino Sorge, sagte der F.A.Z.: „Es braucht jetzt endlich eine systematische Aufarbeitung der Corona-Politik.“ Ziel müsse sein, „aus Fehlern zu lernen und das Land für künftige Gesundheitskrisen zu wappnen“. Die Kommission müsse noch vor dem Sommer eingerichtet werden, verlangt Sorge.
  • der frühere Bundesinnenminister Horst Seehofer würde diese Art der Aufarbeitung befürworten. „Das Parlament hat die Aufgabe, die Konsequenzen aus der Pandemie für die Gesundheitspolitik der Zukunft zu ziehen“, sagte Seehofer dem „Spiegel„.

FDP

  • Christian Lindner hält eine Enquete-Kommission des Bundestages für „das Mittel der Wahl“. Der Tagesspiegel berichtet über Lindner, die Spaltung der Gesellschaft dauere zum Teil bis heute an. Eine systematische Fehleranalyse könne einen Betrag zur Aussöhnung von Befürworten und Gegnern der Maßnahmen sein. „Heute wissen wir, dass viele Entscheidungen der früheren Bundesregierung großen sozialen und wirtschaftlichen Schaden angerichtet haben“, sagte der Bundesfinanzminister: „Schulschließungen, Kontaktbeschränkungen, Ausgangssperren und Zutrittsverbote waren zum Teil absolut unverhältnismäßige Eingriffe in die Freiheitsrechte.“
  • „Wir sollten die Fehler ebenso wie die richtigen Entscheidungen während der Corona-Pandemie reflektieren und aus diesen lernen“, sagte Johannes Vogel, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, dem „Spiegel„. „Hierfür eignet sich eine Enquetekommission im Deutschen Bundestag besonders gut“.
  • Parteivize Wolfgang Kubicki sagte der NOZ: „Es wird eine Enquete-Kommission geben. Wir sind in sehr konstruktiven Gesprächen mit unseren Koalitionspartnern, von denen ich nicht weiß, warum sie sich eigentlich gegen eine Enquete-Kommission wehren. Wir brauchen sie als Gesellschaft unbedingt.“ Kubicki forderte Lauterbach auf, sämtliche Protokolle des RKI-Krisenstabs ohne Schwärzungen zu veröffentlichen. „Früher oder später wird er ohnehin gezwungen werden, entweder gerichtlich oder politisch, dies zu tun“, sagte Kubicki der dpa. Es werde immer deutlicher, dass das RKI für die Gesundheitspolitik des damaligen Ministers Jens Spahn (CDU) und wohl auch von Lauterbach „als wissenschaftliche Fassade gedient hat“.
  • Fraktionsvize Konstantin Kuhle bekräftigt die Forderung seiner Fraktion. „Die Politik bricht sich keinen Zacken aus der Krone, wenn die massiven Grundrechtseinschränkungen der Corona-Zeit offen und transparent aufgearbeitet werden“, sagte Kuhle dem stern. „Eine parlamentarische Evaluation, etwa im Rahmen einer Enquete-Kommission, könnte nachhaltig dazu beitragen, entstandene Verletzungen zu heilen und mit Blick auf zukünftige Pandemien Fehler zu vermeiden.“

Grüne

  • Robert Habeck zitiert im Tagesspiegel: „Ich denke, wir sollten den Mut haben, die Lehren ziehen, Abläufe überprüfen, die Auswirkungen evaluieren.“ „Es wurden durch die Entscheidungen Leben gerettet, aber gerade für Kinder und Jugendliche war es auch eine Zeit der großen Einsamkeit.“
  • Helge Limburg, Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, gegenüber der „Welt“ (zitiert im Tagesspiegel): „Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt wäre es gut, wenn es mit etwas Abstand eine Aufarbeitung der Corona-Politik gäbe.“ Er halte eine Enquete-Kommission, eine Expertenkommission oder eine andere Form der Auseinandersetzung für möglich. Die Folgen der Pandemie-Politik seien für Kinder und Jugendliche „ganz konkret spürbar“, sagte Limburg weiter. „Es gibt psychische Probleme, die weit über das normale Maß hinausgehen.“ Es brauche eine Aufarbeitung, die zeige: „Manchen Menschen ist in der Pandemie verbal oder tatsächlich Unrecht geschehen.“
  • Die Gesundheits- und Haushaltspolitikerin Paula Piechotta hält eine Aufarbeitung für überfällig. „Die Pandemie und die Energiekrise sind vorbei, aber die nächsten Krisen stehen schon vor unserer Tür“, sagte sie der „Welt“. „Deswegen ist es nun, fast genau vier Jahre nach Beginn der ersten Pandemie-Maßnahmen in Deutschland, überfällig, die Fehler der Pandemie-Politik in den unterschiedlichsten Bereichen von Gesundheits- über Bildungs- bis Finanzpolitik für alle transparent und zeitnah aufzuarbeiten.“Gegen eine Enquete-Kommission und damit vertiefte Aufarbeitung sprach sich aus:Der gesundheitspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Janosch Dahmen, zu t-online: „Eine Enquete-Kommission oder gar ein Untersuchungsausschuss wäre jetzt das falsche Instrument und würde vor allem für parteipolitische Profilierung missbraucht werden“. „Das hilft niemandem.“ Eine Enquete-Kommission sei mit hohem Aufwand, Bürokratie und Kosten verbunden, sagte er der Neuen Osnabrücker Zeitung. Es bestehe die Gefahr, dass es am Ende eher ein Kampf um Deutungshoheiten und nachträgliche Schuldzuweisungen werde und damit weiteres Vertrauen der Bevölkerung verloren gehe.

Linke

  • Gregor Gysi im Nachrichtenportal „T-online„: „Diese Enquete-Kommission muss klären, welche Maßnahmen richtig und notwendig waren, welche bei einem ähnlichen Fall nicht wiederholt werden dürfen und ob es wesentlich weniger beeinträchtigende Alternativen zu den getroffenen Entscheidungen gibt“. Als Beispiele nannte er jene Maßnahmen, die zu Schulausfall und zur Isolierung von Kindern geführt hätten, sowie generelle Fragen einer Impfpflicht.

SPD

  • Lauterbach sagte, er habe mit Schwärzungen der Protokolle nichts zu tun gehabt. Er sei für maximale Transparenz. „Ich möchte einfach, dass hier nicht erst der Hauch eines Eindrucks entsteht, hier würde seitens des Robert Koch-Instituts irgendetwas bewusst verborgen oder es gäbe sogar eine politische Einmischung seitens der Bundesregierung, dass das Robert Koch-Institut hier Dinge nicht veröffentlicht“, so Lauterbach im Stern.
    In der Debatte über die Anti-Corona-Maßnahmen hält Gesundheitsminister Karl Lauterbach eine nachträgliche Befassung des Bundestags mit dem Vorgehen für geboten. Aufarbeitung und Transparenz seien notwendig, „damit sich nicht noch mehr Verschwörungstheorien um die damalige Zeit herum aufbauen“, sagte Lauterbach im Deutschlandfunk.
  • Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer sagte: „Beim Bestreben Menschenleben zu schützen, haben wir mit dem Wissen von heute vor allem Kindern und Jugendlichen zu viel zugemutet und auch denen, die sich am Lebensende aufgrund von Kontaktbeschränkungen nicht mehr von ihren Liebsten verabschieden konnten. Ich halte eine Aufarbeitung – in welcher Form auch immer – für wichtig, um für die Zukunft zu lernen und auch, um den Riss, zu kitten, der zwischen Befürwortern und Gegnern der Corona-Maßnahmen entstanden ist.“
  • Die Fraktion ist gegenüber einer Enquete-Kommission überwiegend kritisch: Fraktionsvize Dagmar Schmidt, erklärte, die Ampelfraktionen hätten sich zu Beginn der Legislaturperiode bewusst gegen eine Enquete-Kommission zur Corona-Politik entschieden. Für die Aufarbeitung und bessere Vorbereitung auf zukünftige Situationen existierten ihrer Ansicht nach geeignetere Formate, die bereits auf unterschiedlichen Ebenen tätig seien.
  • Dirk Wiese gibt zu bedenken, dass eine Enquete-Kommission nicht „der Weisheit letzter Schluss“ sei. Über die Verfassungsmäßigkeit der Maßnahmen habe das Bundesverfassungsgericht bereits entsprechende Urteile gefällt. Auch der Ethikrat habe bereits eine Stellungnahme auf den Weg gebracht. Zu den Schulschließungen gebe es zudem inzwischen wichtige kritische Studien. Die Aufarbeitung läuft also bereits, betont er. „Man muss sich gut überlegen, welches Gremium das richtige ist, um für künftige Pandemien die richtigen Schlüsse zu ziehen“. Eine Enquete-Kommission sei nicht im Koalitionsvertrag vereinbart. Wenn eine Kommission, dann müsste es dafür einen „breiten Konsens“ im Parlament geben.
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04.06.2023

EGMR-Beschwerde gegen Schulschließungen

Bundesregierung muss sich zu Coronamaßnahmen rechtfertigen.

Stand das Kindeswohl wirklich im Mittelpunkt?

Im Frühjahr 2023 haben wir Beschwerde am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eingereicht gegen Schulschließungen als Maßnahme zur Bekämpfung des Corona-Gesundheitsnotstands.

Das Verbot von Unterricht hatte gravierende negative Auswirkungen auf die persönliche und soziale Entwicklung sowie auf die psychische Gesundheit von Schüler:innen. Wissen und Kompetenzerwerb der Schüler:innen haben sich nachhaltig verringert und verschlechtert – mit weitreichenden gesellschaftlichen Folgen:

• mehr Schulabbrecher
• geringerer Wissens- und Ausbildungsstand erhöht Fachkräftemangel
• höhere Inanspruchnahme von Krankenkassenleistungen
• erhöhter Krankenstand
• vermehrt Inanspruchnahme psychotherapeutischer Behandlungen
• Wettbewerbsnachteile als Teilnehmende am Arbeitsmarkt etc.

Wir rügen diesen Verstoß gegen das Recht auf Bildung, gegen das Recht auf physische und psychische Unversehrtheit sowie gegen die Achtung des Privat- und Familienlebens. Wir sind der Meinung, dass der Eingriff in diese Grundrechte unverhältnismäßig war und mildere Mittel zur Verfügung standen.
Die Bundesregierung musste unsere Fragen beantworten:

  1. War das Kindeswohl tatsächlich der zentrale Maßstab für die Schulschließungen?
  2. Inwieweit wurden die Auswirkungen früherer Schulschließungen in der Pandemiezeit bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt?
  3. Welche Informationen über alternative Bildungsmöglichkeiten lagen vor?
  4. Welche wissenschaftlichen Studien zu Folgen von Schulschließungen wurden berücksichtigt?

Sobald möglich, werden wir hier auch die Schriftsätze der Bundesregierung veröffentlichen.

01.12.2021

Hintergrundanalyse zum Beschluss des Verfassungsgerichtes

Kinder sind am wenigsten gefährdet und am geringsten an der Virusübertragung von allen Bevölkerungsgruppen beteiligt. Sie haben aber die schärfsten und am längsten andauernden Einschränkungen erfahren – mit nachhaltigen schwerwiegenden und vielfach irreversiblen Beeinträchtigungen. Das Gericht muss nun untersuchen, ob die mehrmonatigen Schulschließungen in 2021 grundrechtswidrig waren.

In der Hintergrundanalyse wird ausgeführt, warum Schulschließungen auch angesichts derzeit hoher Inzidenzen nach aktuellster Studienlage nicht gerechtfertigt sind.

+ Hintergrundanalyse zum Beschluss des Verfassungsgerichtes

19.11.2021

Beschluss des Verfassungsgerichtes zu Schulschließungen

Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung (1 BvR 971/21) Schulschließungen als Teil eines Gesamtkonzepts der Pandemiebekämpfung für einen kurzen Zeitraum von „gut zwei Monaten“ von Mai bis Juni 2021 unter den besonderen Bedingungen einer Ausnahmesituation (drohender Katastrophe) für zulässig erachtet.

Die besonderen Umstände, die dafür ausschlaggebend waren, liegen heute nicht mehr vor:

  • Zum einen sind Impfungen (gemäß STIKO-Empfehlungen) inzwischen allgemein verfügbar.
  • Zum anderen liegen inzwischen hinreichend gesicherte Erkenntnisse vor, dass regelmäßige Corona-Testungen an Schulen sowie Hygienemaßnahmen nicht weniger wirksam im Vergleich zu Beschränkungen des Präsenzunterrichts sind, um Infektionen einzudämmen.
  • Offene Schulen mit Testungen sind das mildere Mittel.
07.05.2021

Häufige Fragen zur Verfassungsbeschwerde

  • Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen § 28b Absatz 3 Satz 3 Infektionsschutzgesetz, das am 23. April 2021 in Kraft trat (die sogenannte Corona „Bundesnotbremse“).
  • Das Bundesverfassungsgericht hat die Beschwerde angenommen und angekündigt im Oktober / November 2021 darüber entscheiden.
  • Durch die Beschwerde werden automatisierte Schulschließungen auf Basis von Inzidenzwerten im Rahmen des Infektionsschutzgesetzes verfassungsrechtlich überprüft.
  • Kinder sind am wenigsten gefährdet und am geringsten an der Virustransmission von allen Bevölkerungsgruppen beteiligt.
  • Sie haben aber die schärfsten und am längsten andauernden Einschränkungen erfahren – mit nachhaltigen schwerwiegenden und vielfach irreversiblen Beeinträchtigungen.
  • Die Menschrechtsbeauftragte des Europarates hat die Bundesregierung deshalb gerügt – wie es sonst nur gegenüber autoritären Staaten vorkommt.
  • Die Verfassungsbeschwerde soll einen Beitrag dazu leisten, dass die Grundrechte von Kindern und Jugendlichen bei künftigen Entscheidungen angemessen gewürdigt und geschützt werden.
  • Laut Robert-Koch-Institut (RKI) ist erwiesen, dass von Kindern und Jugendlichen im Präsenzunterricht keine erhöhten Infektionsrisiken für andere ausgehen (Epidemiologisches Bulletin 13/2021 vom 1. April 2021, S. 23 ff).
  • Das RKI erläutert darüber hinaus: „Die primäre Quelle von Infektionen sind Haushaltskontakte. Übertragungen in Schulen und anderen Betreuungseinrichtungen spielen eine untergeordnete Rolle.“ (Epidemiologisches Bulletin 33 | 2021 19. August 2021, S. 25)
  • Bei ihnen selbst ist die Gefahr von schwerer Erkrankung oder Tod nicht höher als bei anderen Grippeviren.
  • Vielmehr gibt es Anhaltspunkte dafür, dass der Präsenzunterricht sich sogar positiv auf das gesamte Pandemiegeschehen (auch mit neuen Virusmutationen) auswirkt.
  • Die gesundheitlichen Nachteile reichen von Bewegungsmangel über psychische Leiden wie Angst und Depression bis hin zu dauerhaften und irreversiblen Schädigungen in der Persönlichkeitsentwicklung und im Sozialverhalten.
  • Kinder finanziell schwacher Familien sind dabei stärker betroffen, wodurch ihre Zukunftschancen noch weiter sinken.
  • Vernachlässigungen durch Eltern werden nicht mehr zeitnah entdeckt. Kontaktbeschränkungen in anderen Bereichen verstärken diese Effekte teilweise.
  • Auch das Immunsystem wird durch den deutlich eingeschränkten Kontakt zu anderen Menschen nicht mehr, wie üblich, durch Virenaustausch „trainiert“ und somit anfälliger für Infektionskrankheiten.
  • Diese Beeinträchtigungen der Kinder durch das Verbot des Präsenzunterrichts sind mittlerweile umfassend in Studien belegt und wurden nicht berücksichtigt.
  • Kinder dürfen nicht reine „Bausteine“ eines Pandemie-Gesamtkonzeptes sein, die ihre Gesundheit und Entwicklungschancen zum Schutz Dritter, namentlich der Wirtschaft und Industrie, opfern müssen.
  • Schulen unterliegen ohne ersichtliche Begründung deutlich größeren Einschränkungen als andere Bereiche. Zum Beispiel wurden Arbeitsplätze nicht vergleichbaren Kontaktbeschränkungen unterworfen, obwohl es hier erwiesenermaßen zu viel mehr Ansteckung kommt. Bei geöffneten Schulen sind die Hygieneanforderungen und Auflagen deutlich höher als in der Arbeitswelt.
  • Schulschließungen wurden im Eilverfahren, basierend auf Erkenntnissen aus theoretischen Modellierungen als Teil eines „Maßnahmenbündels“, durchgesetzt.
  • Es gab offensichtlich keine – rechtsstaatlich jedoch zwingende – Abwägung von einzelnen Maßnahmen. Aktuelle wissenschaftliche Zahlen zur Entwicklung der Pandemie wurden nicht einbezogen. Es fehlten z. B. regionale Unterscheidungsmöglichkeiten, Alter, Saisonalität des Virusgeschehens etc.
  • Der Spielraum für alternative und mildere Mittel wurde nicht ausreichend genutzt, um ggf. gezielt gegensteuern zu können.
  • Insofern ist davon auszugehen, dass die mehrmonatigen Schulschließungen in 2020 und 2021 nicht erforderlich waren. Sie waren grundrechtswidrig und genügten nicht dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit.
  • Am 7.5.2021 wurde die Beschwerde einer alleinerziehenden Mutter und ihres Sohnes (Grundschüler) beim Verfassungsgericht zu automatisierten Schulschließungen mit fixen Schwellenwerten im Rahmen des IV. Infektionsschutzgesetzes eingereicht.
  • Das Eilverfahren wurde abgelehnt, aber die Beschwerde wurde für eine grundsätzliche Entscheidung im Hauptsacheverfahren mit dem Aktenzeichen 1 BvR 1069/21 zugelassen.
  • Eine weitere Beschwerde gegen die Einschränkungen des Präsenzunterrichts und die Testpflicht an Schulen mit dem Aktenzeichen 1 BvR 971/21 wird ebenfalls entschieden.
  • Nach unseren Informationen wurden über 280 Verfassungsbeschwerden zur Bundes-Notbremse eingereicht und lediglich vier davon vom Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung angenommen.
  • Die Annahme der Beschwerden legt nahe, dass auch das Gericht die Notwendigkeit einer Grundsatzentscheidung sieht.
  • In den bisherigen ähnlichen Verfahren wurde weder eine umfassende gerichtliche Prüfung vorgenommen, noch die negativen Folgen der Schulschließungen, insbesondere der unumkehrbaren Schäden, ausreichend geprüft.
  • Das Hauptverfahren am Bundesverfassungsgericht wird voraussichtlich im November entschieden.
  • Das Gesetz ist bereits seit 30.6.2021 außer Kraft gesetzt (Ende der „Bundesnotbremse“). Uns geht es um eine Grundsatzentscheidung, damit künftig die Rechte der Schulen in ähnlichen Situationen gestärkt werden.
  • Das Grundrecht auf Bildung soll gewahrt werden, damit die Schule ihrem Bildungsauftrag im Präsenzunterricht angemessen nachkommen kann.
  • Die Regierung ließ verlauten, sollte sich durch Mutationen die Pandemie weiterentwickeln, könne sie die Notbremse jederzeit reaktivieren, sofern ein bundesweites, flächendeckendes Phänomen vorliegt.
  • Auch Gefahrenprognosen der Regierung bedürfen gerichtlicher Prüfung. Sonst könnte jeder Grundrechtseingriff durch eine entsprechend drastische Prognose gerechtfertigt werden. Das Prinzip der Verhältnismäßigkeit wäre dadurch außer Kraft gesetzt. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, fehlerhafte Prognosen nach Erkenntnis der tatsächlichen Entwicklung aufzuheben oder zu ändern.

Das Recht auf Bildung ist von überragender Bedeutung, da davon die gesamte Zukunft und der Lebensweg des Menschen abhängt, letztlich auch seine psychische und physische Gesundheit.

Schulschließungen sind epidemiologische Zwangsbehandlungen und verletzen folgende Grundrechte:

  • Art. 2 Abs. 1 Satz 1
    „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“
  • Art. 2 Abs. 2 Satz 1
    „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.“
  • Art. 3 Abs. 1 GG
    „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“
  • Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG
    „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.“
  • Inzidenzzahlen und die Art ihrer Ermittlung sind weder geeignet, noch ausreichend spezifisch zur Begründung von deutschlandweiten Schulschließungen.
  • Positive Testergebnisse drücken lediglich die Zahl der „Ansteckungsverdächtigen“ und eben nicht die Zahl der „Infektionen“ aus.
  • Je mehr Tests durchgeführt werden, desto höher ist die Inzidenz. Genauso umgekehrt: Wird nicht getestet, ist die Inzidenz niedrig.

Das Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsökonomie der Charité Universitätsmedizin Berlin hat in unserem Auftrag die dem BVerfG vorgelegten sachkundigen Stellungnahmen analysiert. So wurde das Nutzen-Schaden-Verhältnis von Präsenzunterrichtsverboten an Schulen epidemiologisch und sozialmedizinisch bewertet. Das Institut kommt zu folgendem Ergebnis:

Zusammenfassend sind längere Schulschließungen mit gesundheitlichen Risiken für Kinder und Jugendliche verbunden, die deren mögliche Gefährdung durch COVID-19 deutlich überwiegen, und werden zudem als nicht besonders wirkungsvolle Schutzmaßnahme für die Gesamtbevölkerung eingeschätzt.“

Eine Verfassungsbeschwerde benötigt Expertise und Rechtsbeistand. Wir haben Rechtsanwälte und Sachverständige beauftragt, Informationen einzuholen, Stellungsnahmen abzugeben und Studien zu analysieren. Die dafür entstandenen Kosten in Höhe von 48.000 EUR wurden über Spenden finanziert.

Aktuell steigen die Infektionszahlen und die Forderung, das Virusgeschehen über erneute Schulschließungen einzudämmen, werden von verschiedenen Seiten wieder erhoben. Doch die vorgeschriebenen Tests der Schüler und Schülerinnen wie die weiteren vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen gewährleisten auch bei hohen Inzidenzen einen sicheren Schulbetrieb.
Eine Alternative zu Schulschließungen, die immer wieder erwogen wird, wäre das Homeschooling. Damit würden Schülerinnen und Schüler sehr viel mehr Zeit zu Hause verbringen und dort von weiteren erwachsenen Personen betreut werden. Sie wären damit vermehrt sogenannten „Haushaltskontakten“ ausgesetzt, in denen nachweislich das Infektionsrisiko um ein Vielfaches höher ist als in der Schule.
Somit sind Schulschließungen keine verhältnismäßigen Mittel zur Pandemiebekämpfung. Der Präsenzunterricht in der Schule ist im Vergleich zur „Schule zu Hause“ also sehr viel sicherer.

Auch wenn aktuell unter Schülern und Schülerinnen viele Infektionsfälle festgestellt werden, spricht das nicht gegen offene Schulen. Im Gegenteil: Die obligatorischen Reihentests decken gerade Infektionen auf und verhindern Folgeinfektionen. Unterm Strich wirken offene Schulen mit kontinuierlicher Testung dämpfend auf das Infektionsgeschehen. Das gilt auch für die „Delta-Variante“ und in einer Hochinzidenzphase, wie aktuell.
Schulschließungen sind unverhältnismäßig, solange keine gegenteiligen wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen. Man darf Schulen nicht einfach auf Verdacht schließen. Schulschließungen kämen nur im absoluten Katastrophenfall als ultima ratio, nach Ausschöpfung aller anderen Möglichkeiten, in Betracht. Die psychischen und physischen Folgen für Schülerinnen und Schüler durch Schulschließungen sind verheerend.

Einzelheiten und Nachweise in Studien und Daten entnehmen Sie bitte hier.

  • Wir sind betroffene Eltern, die im Frühjahr 2021 Verfassungsbeschwerde eingereicht haben.
  • Wir gehören keiner Partei, Religionsgemeinschaft oder sonstigen Bewegung an.
  • Schloss Tempelhof e.V. ist der Rechtsträger der Schule für freie Entfaltung, an die die Kinder der Beschwerdeführer eingeschult sind.